Können gebietsfremde Baumarten valide Lösungen anbieten, wenn es darum geht unsere heimischen Wälder an den Klimawandel anzupassen - und wann stellen sie ein Problem für unsere Ökosysteme dar? Dieser Frage ging der Umweltdachverband Ende Mai im Rahmen einer Exkursion nach. Erster Halt war der vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) betreute Klimaforschungswald Matzen und im Anschluss wurden Flächen der Österreichischen Bundesforste im Nationalpark Donau-Auen besucht. Mit dabei waren unter anderem Vertreterinnen und Vertreter des BMLUK (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft), des Umweltbundesamtes, der Landwirtschaftskammer Österreich, des WWF Österreich und der Niederösterreichischen Berg- und Naturwacht.
Im Klimaforschungswald Matzen werden durch das BFW seit 2019 auf 7 ha Fläche die physiologischen Grenzen von gebietsfremden und auch heimischen Baumarten hinsichtlich Hitze und Trockenheit getestet. Das Gebiet eignet sich dafür, da es sich in einer der heißesten und trockensten Regionen Österreichs befindet. Mit Blick auf die Klimakrise, die in ganz Österreich zu entsprechenden Verschiebungen führen könnte, ermöglichen diese Versuche, Anbauempfehlungen für die zukünftige Waldbewirtschaftung anzubieten. Es war interessant zu sehen, dass die jungen Pflanzen auch nach der bisher recht kurzen Projektdauer sehr unterschiedlich entwickelt waren und sowohl einige heimische als auch gebietsfremde Arten scheinbar eine höhere Toleranz gegenüber dem trockenen und heißen Klima aufwiesen.
Im zweiten Teil der Exkursion wurde ein gänzlich anderer Schwerpunkt gelegt. Ging es zuvor um die Chancen, die die Einführung nichtheimischer Baumarten für die Waldbewirtschaftung mit sich bringen, lag nun der Fokus auf etwaigen Beeinträchtigungen in heimischen Ökosystemen durch die invasive Ausbreitung gebietsfremder Arten. Die Exkursion führte uns nach Schönau in den Nationalpark Donau-Auen auf Flächen im Besitz der Österreichischen Bundesforste.
Problematisch für heimische Ökosysteme können invasive Neophyten sein, die durch ihre rasche Ausbreitung und fehlende Schadorganismen heimische Arten verdrängen und so Lebensräume nachhaltig verändern und beeinflussen. Ebenso können Hybridisierungen solcher Arten mit verwandten heimischen Arten zu einem Verlust des an die regionalen Gegebenheiten angepassten Erbgutes führen. Nichtheimische Krankheitserreger können in heimischen Ökosystemen weitreichende Schäden anrichten, da Resistenzen häufig fehlen.
Beispielhaft für einen gebietsfremden Erreger ist der aus Ostasien stammende Pilz Hymenoscyphus fraxineus (Eschen-Stängelbecherchen), welcher an der heimischen Esche zum Eschentriebsterben führt. Während in bewirtschafteten Wäldern darauf geachtet werden musste, befallene Eschen rechtzeitig zu verwerten und somit zu schlägern, konnten im Nationalpark Eschenbestände unberührt bleiben und für Forschung genutzt werden. Denn im Schutzgebiet ist die wirtschaftliche Nutzung eingestellt und die Entwicklung der Bestände kann, gleich einem großflächigen Freilandlabor, über lange Zeiträume beobachtet werden. So dient der Nationalpark als wichtiger Genpool für die Wissenschaft und trägt wesentlich dazu bei, mittels Monitorings beizeiten die Entwicklung potenzieller Resistenzen zu erkennen. Einzig stark befallene Bäume, die entlang des Wegenetzes ein Risiko für Besucherinnen und Besucher darstellen, werden im Rahmen der Wegesicherung regelmäßig kontrolliert und bei Bedarf entfernt.
Als invasive Neophyten gelten Arten, die nach 1492 eingeführt wurden und heimische Ökosysteme negativ beeinflussen, wobei für die Donau-Auen der Eschen-Ahorn und Götterbaum sowie der Staudenknöterich die dominantesten Beispiele sind. Die Schwarz-Pappel hingegen ist eine heimische Art, die mit der eingeführten Kanada-Pappel (ein Mischling aus der europäischen Schwarz-Pappel und der Kanadischen Schwarz-Pappel) hybridisiert, wobei erste Ergebnisse zeigen, dass die Einmischung der kanadischen Gene in den heimischen Genpool geringer sein dürfte als anfänglich befürchtet. Während der Exkursion wurden verschiedene Maßnahmen der Neophytenbekämpfung erläutert. Die Erfahrung mit diesen Methoden (Ringelung etc.) zeigte, dass man bei bereits gut etablierten Arten kaum eine Erfolgsaussicht auf eine erfolgreiche Zurückdrängung oder gar Verdrängung hat. Die Gewährleistung natürlicher Prozesse, wie z. B. das altersbedingte Absterben einzelner Bäume anstatt großer Kahlschläge, können heimischen Arten bessere Startbedingungen verschaffen. So kann zwar die starke Ausbreitung (insbesondere auf Störflächen) der Neophyten nicht verhindert werden, dennoch können durchmischte Wälder mit standorttypischen heimischen Arten entstehen. Aufgrund dieser Erfahrungen wurden im Nationalpark Donau-Auen großflächige Maßnahmen eingestellt und es wird nur noch lokal, im Fall von „Neuankömmlingen“ oder bei Bedrohung besonderer Schutzgüter, aktiv eingegriffen.
Die Exkursion des Umweltdachverbandes zeigte also unterschiedliche Perspektiven zur Einführung gebietsfremder Arten auf.
Auf der einen Seite sehen wir uns mit immer trockeneren und heißeren klimatischen Bedingungen konfrontiert, die heimische Arten und die damit verbundene Nutzungen vor Herausforderungen stellen. Durch die derzeitig schnelle Veränderung des Klimas können wir nicht auf natürliche Anpassungsprozesse, die sehr langwierig sind, vertrauen. Stattdessen muss nach Lösungen gesucht werden, Wälder langfristig zu erhalten – sowohl aus forstwirtschaftlicher als auch aus ästhetischer und ökologischer Motivation. Die Einführung gebietsfremder Arten (Assisted Migration), die an das neue Klima angepasst sind, könnten für Teilbereiche dieser Problematik eine Lösung darstellen.
Auf der anderen Seite sehen wir aber auch, dass die Einführung invasiver gebietsfremder Arten in der Vergangenheit erhebliche gegenwärtige Probleme mit sich bringt, denen wir zum Teil machtlos gegenüberstehen. Für den Besuch im Nationalpark Donau-Auen und die Möglichkeit, Perspektiven aus dem Naturschutz in die Debatte einzubringen, bedanken wir uns beim Umweltdachverband sehr herzlich.
Lilly Urban
Praktikantin im Nationalpark Donau-Auen
Fotos: Urban, Leonhard