Alpen Karpaten Fluss Korridor

Die Region zwischen den Alpen und den Karpaten verfügt über eine unglaubliche Artenvielfalt, gesäumt von Naturjuwelen herausragender Bedeutung. Doch die dynamische wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigt die Situation für Tiere und Pflanzen vor Ort: Lebensräume werden zerstört bzw. zerschnitten, sodass wichtige Wanderkorridore zwischen den Schutzgebieten verloren gehen.

Das Projekt „Alpen Karpaten Fluss Korridor“ ist ein wichtiger Baustein für die Verbesserung der Grünen Infrastruktur im Alpen‐Karpaten‐Korridor. Es wurde durch das Programm INTERREG V-A SK AT der EU finanziert und von Bund, Land NÖ und Wasserverband Schwechat unterstützt. Im Zentrum steht die Vernetzung der Gebirgszüge der Alpen und Karpaten durch ihre Fließgewässer und deren unmittelbares Umland. Insgesamt 19 Institutionen beteiligten sich unter Federführung des Nationalpark Donau‐Auen an diesem Projekt mit dem Ziel, die Fließgewässer in der slowakisch-österreichischen Grenzregion als ökologischer Verbund zwischen Alpen und Karpaten zu stärken.

Mehrere detaillierte Studien wurden für das Projekt durchgeführt. So wurde die Fischfauna der Rudava untersucht. Mit 35 hier kartierten Fischarten stellt das Gewässer einen bedeutenden Fischlebensraum dar. Insbesondere das Relikt‐Vorkommen des Ukrainischen Bachneunauges ist bemerkenswert. Eine weitere Studie widmete sich dem Vorkommen des Eisvogels an den Flüssen Fischa, Schwechat, Močiarka und Rudava. Maßnahmenvorschläge zur Verbesserung der Uferstrukturen für den Eisvogel werden gegeben. In der Studie „Grenzübergreifendes Auwaldförderungskonzept & Altholzschutz“ konnten 138 Auenobjekte im Ausmaß von insgesamt 10.797 ha im Bearbeitungsgebiet dokumentiert werden. Die Studie diskutiert das Restaurationspotential in den einzelnen Abschnitten. Sie ist damit eine wichtige Grundlage für weiterführende Arbeiten zur Schaffung von Durchgängigkeit (Konnektivität) und zur Restaurierung von Auen in diesem Raum. Die Studie „Erhebung gewässerbezogener Landschaftselemente in der Region des Alpen Karpaten Fluss Korridors“ legte den Schwerpunkt auf potentielle Vernetzungsmöglichkeiten gewässerbezogener Landschaftselemente im Alpen‐Karpaten‐Korridor. Ein sehr hohes Vernetzungspotential besteht dort, wo die Bodenverhältnisse noch heute feucht bis nass sind oder in der Vergangenheit waren.

Insgesamt konnten 13 Pilotmaßnahmen (Sieben in Österreich, sechs in der Slowakischen Republik) im Rahmen des „Alpen Karpaten Fluss Korridor“ an verschiedenen Stellen des Gewässernetzwerks umgesetzt werden. Diese dienen der Lebensraumverbesserung und der Erhöhung der Konnektivität der Fließgewässer mit ihrem unmittelbaren Umfeld.

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Schwechat

Die Zuflüsse der Schwechat entspringen im Bereich des Schöpfl im Wienerwald. Die Schwechat fließt durch das südliche Wiener Becken und mündet nahe der Stadt Schwechat in die Donau. Bemerkenswert ist, dass die Schwechat eine weitgehend natürliche Geschiebedynamik aufweist. Dies macht den Fluss als Laichgewässer für diverse Fischarten besonders wertvoll. Andererseits ist die Schwechat auf dem Großteil ihrer 62 km langen Fließstrecke sehr stark durch Uferbefestigungen verbaut. Das verhindert den Austausch mit den wenigen noch vorhandenen natürlichen Auen und schränkt die Resilienz, d. h. die Widerstandsfähigkeit gegen äußere Einflüsse wie Starkregenereignisse oder Dürrren, stark ein. Auch wenn der Fluss die meiste Zeit im Jahr nur eine geringe Wasserführung aufweist, so sind Hochwasserereignisse doch sehr markant. Die natürlichen und naturnahen Retentionsräume, Auen und Wiesen, sind daher nicht nur wegen ihrer Biodiversität, sondern auch zur Minimierung von Extremwetterereignissen besonders wertvoll und erhaltenswert.

Obere Schwechat

Das Hauptaugenmerk im Bereich der Schwechat‐Zubringerbäche im Biosphärenpark Wienerwald bestand auf der Umwandlung von Fichtenforsten als Initiale für natürliche Erlen‐Eschen Auwald‐Bestände. Insgesamt wurden mehr als 42,1 ha an Waldumbaumaßnahmen umgesetzt. Dabei wurden Nadelhölzer wie die Fichte entnommen - die natürliche Verjüngung und damit das Aufkommen von standortgerechter Vegetation wird somit gefördert. Darüber hinaus wurden Schwarzpappeln an geeigneten Standorten gesetzt, um lokale Verbesserungen zu erreichen und einen Trittstein zur Vermehrung dieser autochthonen Pappelart in Österreich zu schaffen.

Außerdem wurden hydromorphologischen Verbesserungen an Kleingewässern im Wienerwald an sieben Standorten durchgeführt. Die Maßnahmen reichten von der Entfernung von Rohrdurchlässen bis zum Rückbau von Uferregulierungen.

Schwechat Traiskirchen

Unterhalb des Naturdenkmals Schwechat-Auen bei Traiskirchen befindet sich die Kaiserau. Hier ist die Schwechat stark begradigt und damit in ihrem Gestaltungsradius eingeschränkt.

Das Ziel der Revitalisierung war daher, durch eine weitreichende Entfernung der Uferbefestigungen eine möglichst freie Entwicklung sowohl des Flussbettes als auch des Ufers zu ermöglichen. Dazu wurden neben der Entnahme der Uferbausteine auch Initialmaßnahmen konzipiert, wie die Gestaltung von Aufweitungsbereichen und Errichtung von Buhnen am jeweils gegenüberliegenden Ufer. Diese sollen eine dynamische Entwicklung von Flussbett und Ufer unterstützen.

Rund zwei Jahre nach Fertigstellung bildeten sich bereits Kies- und Sandbänke sowie Uferabbrüche, die von Eisvogel und Co. genutzt werden.

Schwechat Stadtgebiet

Bei der Revitalisierung im Stadtgebiet von Schwechat wurden kleinräumige strukturverbessernde Maßnahmen innerhalb des bestehenden Hochwasserschutzes umgesetzt. Durch die Errichtung von fünf wechselseitig angeordneten Buhnen wurde eine pendelnde Linienführung des Gewässers hergestellt. Dies trägt vor allem zur Verbesserung der Standorte für wassergebundene Arten und damit zu einer Erhöhung der Biodiversität bei. Auf der Höhe der Buhnen wurde das Gewässerbett eingetieft, um eine Tiefenrinne zu generieren. Vor allem für Fische sind solche Strukturen als Unterstand bzw. zur Nahrungsaufnahme wichtig. Weiters wurden Totholzelemente eingebaut, was zu einer Diversifizierung des Lebensraumes u. a. für Insektenlarven führt. Diese stellen wiederum eine wichtige Nahrungsquelle für Fische und Amphibien dar.

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Fischa

Die Fischa entspringt im Steinfeld bei Haschendorf in der Gemeinde Ebenfurth, durchfließt elf Gemeinden im südlichen Wiener Becken und mündet bei Maria Ellend in die Donau. Sie ist 35 km lang, der Höhenunterschied ist mit 86 m sehr gering. Ihr Einzugsgebiet ist 563,1 km² groß. Die Quelle liegt am Ostrand des Piestinger Schotterfächers (auch Wöllersdorfer Schuttkegel genannt) und die Fischa entwässert diesen. Sie ist ein fast ausschließlich von Grundwasserzufuhr geprägtes Fließgewässer, hat daher einen sehr stabilen Wasserstand und eine recht konstante Wassertemperatur. Bei Gramatneusiedl mündet die Piesting in die Fischa ein.

Fischa Kleine Au

Im Ortsgebiet von Fischamend teilt sich die Fischa in drei Arme auf. Die Fischpassierbarkeit in diesem Abschnitt wurde im Bereich des rechten Armes beim Teilungssporn durch die Errichtung einer asymmetrischen Rampe wiederhergestellt.

Im Frühjahr 2021 wurde der Fischaufstieg an der Fischa in der Kleinen Au der Stadtgemeinde Fischamend fertiggestellt. In Kombination mit der Revitalisierung der Fischamündung dient diese Maßnahme der Durchgängigkeit der Fischa und soll vor allem die Laichsituation für aufsteigende Fische aus der Donau verbessern.

Um das Aufstiegspotential dieser Arten und somit auch die Funktionsfähigkeit des Fischaufstieges messen zu können, wurde zu Beginn des Frühjahrs ein Monitoring etabliert und dazu eine Kontrollfangreuse am oberen Ende des Fischaufstieges gesetzt. Mittels dieser werden die über den Fischaufstieg aufsteigenden Exemplare gefangen. Die Reuse wird täglich entleert, um die Fische auszuzählen und zu vermessen. Anschließend werden sie wieder schonend ins Wasser zurückgesetzt.

Nach mittlerweile mehr als 100 Tagen Reusenmonitoring lässt sich eine erste positive Bilanz ziehen. Bis dato fanden 21 Fischarten den Weg über den Aufstieg - darunter auch alle für das Gewässer typischen Leitarten. Weiters konnten zur Laichzeit im Frühjahr laichreife Fische mittels Reuse erfasst werden, d. h. die Situation für die Laichwanderungen von Donaufischen hat sich durch die Errichtung bereits gebessert. Leider lag die Gesamtstückanzahl der dokumentierten Fische nicht im gewünschten Bereich. Das kann an mehreren Faktoren liegen. So kam es 2022 durch extreme Trockenheit zu langfristigen Niedrigwasserständen in der Fischa, was sich auch auf die Biomasse der aufsteigenden Fische auswirkt. Um die langfristige Wirkung der Maßnahme beurteilen zu können ist es daher wichtig, das Monitoringprogramm über die nächsten Jahre fortzugesetzen.

Fischa Mündungsbereich

Ziele dieser Revitalisierung waren die Wiederherstellung der standorttypischen Fluss‐, Au‐ und Uferstrukturen sowie fischökologische Verbesserungen im Mündungsbereich der Fischa in die Donau. Die dortige harte Uferverbauung wurde Ende 2019 gemildert. Stromauf der Mündung wurde die Verbauung auf einer Länge von 125 m abgesenkt, stromab wurden etwa 130 m Blockwurf vollständig entfernt.

In einem weiteren Revitalisierungsschritt im Herbst 2020 wurde das Niveau des Hinterlands oberhalb der Mündung so abgesenkt, dass ein flacher Seitenarm mit zeitweise unterstromiger Anbindung an den Fluss Fischa entstand. Der betroffene Bereich war früher Wasserfläche und im Zuge der damals üblichen Erhaltungstätigkeiten der Wasserstraße verfüllt worden. Der dort nun vorhandene Donaukies wurde abgetragen und das Material wieder in den Geschiebekreislauf der Donau zurückgeführt.

Es entstand ein Habitat, welches die Wasseranbindung deutlich verbessert und so aquatische und semi‐aquatische Lebensräume insbesondere für Jungfische und Amphibien sowie Makrozoobenthos und Wasservögel bietet. Zudem wird durch eine geringere Kiesmächtigkeit das Aufkommen eines standorttypischen Bewuchses gefördert.

Gemeinsam mit der Wiederherstellung der Durchgängigkeit in der Kleinen Au bei Fischamend hat sich die Lebensraumsituation für viele aquatische Arten in der Fischa bereits kurz nach Fertigstellung erheblich verbessert.

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Ausblick

Eine weitere Verbesserung der hydromorphologischen Situation im Projektgebiet des „Alpen Karpaten Fluss Korridor“ kann nur durch die Reduktion der zahlreichen Querbauwerke bewerkstelligt werden (Stichwort: De‐Damming). Dort wo dies nicht möglich ist, müssen die Barrieren durch den Bau von Fischtreppen passierbar gemacht werden. Dabei sollten nicht nur Fische als Zielarten dienen, denn auch viele andere Wasserorganismen sind auf eine entsprechende Passierbarkeit angewiesen.

Bei der Renaturierung von Gewässern muss das Ermöglichen von dynamischen Prozessen oberstes Prinzip sein. Durch den Rückbau von Ufer‐ und Sohlverbauungen und der Zurverfügungstellung von ausreichend Landfläche entlang des Wasserlaufes kann eine natürliche Dynamik initiiert werden. Um den Zustand der Gewässer zu verbessern und damit ihre Vernetzungsfunktion zu stärken gilt es, das longitudinale (Durchwanderbarkeit in Längsrichtung), laterale (Vernetzung mit dem Umland) und vertikale (ungestörte Gewässersohle) Kontinuum wiederherzustellen.

Kontakt

Alpen Karpaten Fluss Korridor, c/o Nationalpark Donau-Auen

Projektleiter Mag. Christoph Litschauer

Schlossplatz 1, A-2304 Orth an der Donau

e-mail: c.litschauer@donauauen.at

www.rivercorridor.com

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