Ungeahnte Vielfalt der Wasserpflanzen im Nationalpark Donau-Auen

Montag, 11.08.2025 , Orth/Donau

Eine umfassende Untersuchung der Makrophyten-Diversität in Alt- und Seitenarmen in den vergangenen zwei Jahren macht die Verbreitung und Fülle der oftmals kaum beachteten Unterwasserflora im Nationalpark erstmals flächig sichtbar.

Unter dem Begriff Wasserpflanzen (=Makrophyten) sind im Wesentlichen alle Gewächse im Wasser, die mit dem bloßen Auge wahrgenommen werden können, zu verstehen. Zu diesen zählen diverse Blüten- und Farnpflanzen, aber auch Moose und Armleuchteralgen – eine vielfältige Gruppierung, verbunden durch ihre enge Bindung an den Lebensraum Gewässer und ökologisch höchst wertvoll.

Auf den ersten Blick scheinen sich Wasserpflanzen oftmals sehr ähnlich. Doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass sie sehr unterschiedliche Wuchsformen aufweisen und ihnen raffinierte Mechanismen ermöglichen, in diesem besonderen Lebensraum gedeihen zu können. Die Phänomene reichen von der Ausbildung unterschiedlicher Blattstrukturen über und unter Wasser, der Lufteinlagerung im Gewebe und CO2-Aufnahme aus dem Sediment bis zur freischwimmenden Lebensform ohne Wurzeln oder der Fähigkeit zur Bestäubung unter Wasser.

In den Jahren 2023 und 2024 wurde im niederösterreichischen Teil des Nationalpark Donau-Auen im Zuge von zwei Kartierungen die Wasserpflanzenvegetation inklusive Sumpfpflanzen in allen Altarmen am Nord- und Südufer der Donau erfasst. Erstmals liegen somit umfangreiche, flächige Kenntnisse über die Artenbestände vor. Dazu wurden die Gewässer in Abschnitte unterteilt, die jeweilige Vegetation aufgenommen und die Arten in ihrer Häufigkeit geschätzt. Insgesamt konnten 86 Pflanzenarten dokumentiert werden. Die am häufigsten anzutreffenden waren das Raue Hornblatt, das Ährige Tausendblatt und das Durchwachsene Laichkraut, als die häufigsten Sumpfpflanzen wurden das Schilf und der Blutweiderich erfasst. Höchst selten hingegen konnten u. a. die Europäische Seekanne, die Krebsschere oder der Sumpf-Ziest nachgewiesen werden.

Einige interessante Vertreter der Pflanzengruppe

Ähriges Tausendblatt (Myriophyllum spicatum)

Diese sehr häufige Art ist eine typische - Gästen an Naturbadeplätzen oftmals suspekte - Wasserpflanze, oft als „Schlingerer“ verunglimpft. Sie wurzelt in Bereichen unterhalb von 1 Meter Wassertiefe und bildet lange Triebe. Auch zeigt sie feingliedrige, quirlständige Blätter sowie rötliche Blütenstände knapp über der Wasseroberfläche.

Raues Hornblatt (Ceratophyllum demersum)

Die Vermehrung erfolgt hier über Sprossenstücke, die abbrechen, so kann die Art Gewässer rasch besiedeln. Als Wasserschweber ist das Raue Hornblatt nicht im Grund verankert und blüht im Spätsommer eher unscheinbar unter Wasser. Die zarten Blätter haben kleine, mit den Fingern gut spürbare Häkchen, die für den Menschen ungefährlich sind.

Krebsschere (Stratiotes alloides)

Diese Art ist vom Aussterben bedroht und im Nationalpark nur noch an wenigen Standorten nachgewiesen. Teils schwimmt sie auf der Oberfläche, teils ist sie mit langer Wurzel verankert. Sie zeigt im Jahresverlauf einen interessanten Zyklus mit Absinken zum Grund im Winter und Auftauchen in der warmen Zeit. Die weißen Blüten erscheinen über Wasser. Doch hauptsächlich erfolgt Vermehrung über Klone.

Gewöhnlicher Wasserschlauch (Utricularia vulgaris)

Auch dieser wurzellose Wasserschweber blüht über der Oberfläche mit goldgelben Blüten. Auffällig sind seine aus modifizierten Blattzipfeln gebildeten zahlreichen Fangblasen. Mit diesen erbeutet er kleine Wassertiere, ist also eine "fleischfressende" Pflanze. Er überwintert mit kleinen Sprossabschnitten am Gewässergrund.

Teichrose (Nuphar lutea)

Diese Vertreterin der Schwimmblattpflanzen besitzt einen waagrecht im Bodenschlamm liegenden, bis zu armdicken Kriechspross. Sie treibt stets einige weiche, kürzer gestielte Unterwasserblätter sowie viele ledrigen Schwimmblätter und bildet auf Gewässern Blatteppiche aus. Die sattgelben Blüten ragen im Frühsommer über Wasser empor.

Pfeilkraut (Sagittaria sagittifolia)

Als sogenannter Amphiphyt kann diese Pflanze unter oder über Wasser vorkommen und besiedelt die Übergangszonen am Gewässerrand. Im tiefen Wasser werden nur bandförmige Unterwasserblätter gebildet. Beim Erreichen der Oberfläche entstehen ovale Schwimmblätter. Die namensgebenden pfeilförmigen Luftblätter wiederum werden nur bei geringem Wasserstand gebildet. Die weißen Blüten zeigen mittig einen purpurroten Fleck.

Hintergrundinformationen

Die größte Diversität an Makrophyten in der Aulandschaft des Nationalparks lässt sich in den Seiten- und insbesondere den Altarmen der Donau finden. Hierbei handelt es sich um langsam fließende oder stehende Gewässer, die aufgrund ihrer geringen Wassertiefe und oft hohen Nährstoffkonzentrationen optimale Konditionen für Pflanzenwachstum bieten. Dagegen spielt der Donau-Hauptstrom nur eine untergeordnete Rolle. Dort sind die Bedingungen aufgrund von hohen Wasserspiegelschwankungen, aber auch wegen der Fließgeschwindigkeit und Temperatur oftmals unwirtlich.

Ein üppiger und vielfältiger Makrophytenbewuchs führt zu einem reich strukturierten Lebensraum und ist ein wichtiger Faktor für die Lebensgemeinschaften in Gewässern. Durch die Stoffwechselvorgänge der Wasserpflanzen werden sogar die chemischen und physikalischen Gegebenheiten des Lebensraums maßgeblich geprägt. Ohne ihr Vorkommen könnten die meisten Arten von Schnecken, Insekten, Fischen oder Amphibien in den Gewässern nicht überleben.

Im Nationalpark Donau-Auen sind die Wasserpflanzenvorkommen dem streng geschützten Anhang I der FFH-Richtlinie zugeordnet. Es handelt sich um den Lebensraumtyp „3150 - Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions“. Dieser steht unter starkem menschlichem Druck z. B. durch Verbauung, Stauhaltung, Überdüngung, Wellenschlag und Freizeitnutzung. Mehr als 50% der Makrophyten-Arten werden bereits auf der Roten Liste geführt. Schutzgebiete wie der Nationalpark Donau-Auen tragen wesentlich dazu bei, diese besonderen Pflanzengesellschaften zu erhalten.

Die Untersuchung am Nordufer der Donau wurde unter Förderung durch das Niederösterreichische Programm für ländliche Entwicklung / LE 2014-2020 durch DWS Hydro-Ökologie GmbH, Technisches Büro für Gewässerökologie und Landschaftsplanung durchgeführt. Die Kartierung am Südufer wurde durch AQUATIC KG, Ingenieurbüro für Biologie abgewickelt. Beide Detailberichte sind auf der Online Infothek des Nationalpark Donau-Auen abrufbar:
Bericht Nordufer sowie Bericht Südufer.

Fotos: Ähriges Tausendblatt / picturedesk.com_Hecker, Gewöhnlicher Wasserschlauch / picturedesk.com_ANP KINA, Krebsschere und Teichrose / Baumgartner, Pfeilkraut / picturedesk.com_Buzun, Raues Hornblatt / Mrkvicka.

Neuigkeiten aus dem Nationalpark Donau-Auen Newsletter abonnieren
🍪

Wir verwenden Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell, andere helfen uns dabei die Nutzungserfahrung zu verbessern.