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Enten – Radioente blau und orange

Anas stupida ssp.

Die Blaue Radioente ist seit Mai 2000 in den Donau-Auen östlich von Wien heimisch. Von 50.000 im Wiener Donaukanal freigesetzten Kunststoffenten sind mehrere 1000 Individuen entwichen und bereichern seither die Treibgut-Gesellschaft der Au. Wenige Jahre später gesellte sich eine leuchtend orange Variante hinzu, verbreitet nach dem selben Modus: Zwei große Radiosender veranstalteten "Entenrennen" auf dem Donaukanal zur Volksbelustigung und zu Werbezwecken ohne hinreichende Absicherung. Gespannte Fangnetze erwiesen sich als mangelhaft und die Enten erschlossen sofort neue Lebensräume. Weitere Varianten sind in jüngster Zeit in geringerer Zahl aufgetaucht.

Das ausgezeichnete Schwimmvermögen, die enorme Stückzahl und die intensive Färbung machen die Plastikenten zu einem auffälligen Element dieses Schutzgebietes. Sie sind ein Symbol für Gedankenlosigkeit und mutwillige Beeinträchtigung der Umwelt.

Merkmale
Die auffällige Erscheinung der blauen und orangen Radioenten wird kaum zu Verwechslungen Anlaß geben. Im Lauf der nächsten Jahrzehnte bis Jahrhunderte könnte aber die Färbung langsam verblassen. Der lange Hals ist schräg rückwärts geneigt, der Schnabel leicht nach oben gerichtet. Die Augen sitzen seitlich am Kopf, sind auch von hinten sichtbar und wirken knopfartig. Es ist kein Federkleid ausgebildet. Die Radioente wurde aus eher hartem Kunststoffmaterial hergestellt. Über ein kleines Loch auf der Oberseite kann Wasser eindringen, bzw. Luft entweichen.

Es sind keine besonderen Lautäußerungen bekannt. Werden Radioenten mit Kraftfahrzeugen überfahren, so ist gelegentlich ein eindringliches „Plopp“ zu hören. Die speziellen Lautorgane sind noch immer unbekannt. Andere Schreckreaktionen wurden bisher nicht beschrieben.

In der Paarungszeit des Moorfrosches im zeitiges Frühjahr könnten die himmelblau gefärbten Froschmännchen mit Radioenten verwechselt werden. Als sicherstes Unterscheidungsmerkmal gilt das wesentlich ruhigere Verhalten der Radioente und ihr größeres Körpervolumen. Auch zeigt die Radioente eine geringere Bindung an isolierte Autümpel. Von anderen Standorten (z.B. Mülldeponien) sind noch anders gefärbte Exemplare bekannt. Ob es zur Bastardierung der Radioenten mit diesen Formen kommen kann, ist derzeit fraglich.

Die Berechtigung des Artstatus für die Radioente wird durch einzelne Haltungsversuche unterstrichen, bei denen zwischen unterschiedlich gefärbten und geformten Exemplaren keine erfolgreiche Reproduktion nachgewiesen werden konnte. Andererseits berichten viele Eltern, daß sich Badeenten in Spielzeugkisten fast unkontrollierbar vermehren.

Verbreitung
Donaukanal stromab der Friedensbrücke, sodann Donau unterhalb Kraftwerk Freudenau bis zum Donaudelta, jedoch Richtung Osten immer seltener werdend. Das isolierte, aber individuenreiche Vorkommen im Donauraum östlich des Wiener Schwedenplatzes geht auf 2 Freisetzungen zurück. Innerhalb weniger Stunden konnten die Plastikenten jeweils ausgedehnte Uferbereiche der Donau besiedeln und dringen seither immer stärker in die Augewässer ein.

Mit jedem Hochwasser ist ein weiterer Ausbreitungsschub in die entlegeneren Auteile zu erwarten, insbesondere auf die Altarmufer. Die entkommenen Exemplare sind großräumig in stromabwärtiger Ausbreitung begriffen und werden wohl bis zum Donaudelta vordringen. Im Spülsaum der Donauufer können Radioenten anhand der auffälligen Färbung regelmäßig wahrgenommen werden. Durch intensive Sammeltätigkeit mancher NationalparkbesucherInnen wird die Radioente in einigen Uferabschnitten verschwinden, in entlegeneren Bereichen werden die Tiere noch über Jahrzehnte zu finden sein.

Gefährdung und Schutzstatus
Die Radioente steht nicht unter Naturschutz. Entsprechend der Gesetzeslage dürfen zum persönlichen Bedarf geringe Mengen als „Naturmaterialien“ angeeignet werden. Wie alle Wildenten ist auch diese Art in Wien (§ 3 (1)b, LGBl. Nr. 6/1948) und Niederösterreich (§ 3(b), LGBl. Nr 6500-8) jagdbar.

Durch die geringe Abbaubarkeit des Kunststoffmaterials ist mit dem Verschwinden der freigesetzten Tiere erst in einigen Jahrhunderten zu rechnen. Auf sonnenexponierten Standorten muß mit langsamem Ausbleichen und Versprödung gerechnet werden.

Lebensweise
Auffällig ist die ruhige Lebensweise der Radioente. Sie scheut keinesfalls den Kontakt mit dem Menschen, läßt sich aber auch nicht anlocken. Futter wird nie angenommen. Gerne versteckt sie sich im Blockwurf oder in der Ufervegetation. Die Radioente vergesellschaftet sich mit anderem Plastikmüll zur typischen Lebensgemeinschaft des Treibgutes. Insbesondere leere Behältnisse diverser Waschmittel, Kunststoffbeutel und -flaschen, aber auch aufgeschäumtes Isoliermaterial bilden wesentliche Teile dieser ökologisch wichtigen Assoziation.

Radioenten treten häufig in kleinen Gruppen auf. Fliegende Tiere wurden noch nie beobachtet und auch andere Verhaltensweisen konnten erst selten nachgewiesen werden. Bemerkenswert erscheint die ungewöhnlich lange Tauchzeit der Tiere. Beim Abtauchen beobachtete Exemplare konnten bisher noch nie beim Auftauchen beobachtet werden. Die Radioente taucht wie die meisten Tierarten in der Expirationsphase, d.h. die Luft entweicht vor dem Tauchgang. Dieses Merkmal scheint für alle Arten der Treibgut-Gesellschaften zu gelten.

Besonderes
Viele freiwillige Helfende, insbesondere Mitarbeiter der Feuerwehren, Fischereivereine und verschiedener Naturschutzvereinigungen versuchten nach Bekanntwerden der Vorfälle, wenigstens einen Teil des Kunststoffmülls einzusammeln. Wir danken allen für ihren wertvollen Einsatz und ihr Engagement!

Das Material ist für das Ökosystem kaum abbaubar und wird noch der nächsten Generation als Beispiel für gedankenlose Umweltbeeinträchtigung zum Zwecke der Belustigung dienen können.

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